Arbeitszeugnis: Grundsatz der Zeugnisklarheit contra Geheimcode

 

Das Arbeitszeugnis, das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer am Ende des Arbeitsverhältnisses ausstellt, hat für dessen weitere berufliche Zukunft große Bedeutung. Es ist für zukünftige Arbeitgeber wichtige Grundlage der Personalauswahl.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat daher bereits vor langer Zeit den Grundsatz aufgestellt, dass das Zeugnis keine unklaren Formulierungen enthalten darf, durch die der Arbeitnehmer anders beurteilt werden soll, als dies aus dem Zeugniswortlaut ersichtlich ist (Grundsatz der Zeugnisklarheit). Wird dies bei der Erstellung des Zeugnisses nicht eingehalten, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Zeugnisberichtigung.

Im Internet und in anderen Veröffentlichungen findet man Listen, in denen vermeintliche Geheimcodes der Arbeitgeber aufgeführt werden, mit denen der Arbeitgeber trotz vordergründig positiver Formulierung verschlüsselt ein negatives Werturteil zum Ausdruck bringen will. Das BAG hat sich nunmehr (Urteil vom 15.11.2011, 9 AZR 386/10) mit einem solchen angeblichen Geheimcode befassen müssen.

Der Arbeitgeber hatte einem Arbeitnehmer ein insgesamt gutes Zeugnis erteilt, in dem auch folgende Formulierung verwendete:

Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte.

Der Arbeitnehmer ging gegen diese Formulierung vor und klagte eine Berichtigung ein. Er berief sich darauf, dass die Wendung "kennen gelernt" eine verschleierte Zeugnissprache darstelle, mit der zum Ausdruck gebracht werden solle, dass der Arbeitgeber diese Leistungen gerade abspreche. Zum Beleg verwies er auf entsprechende Veröffentlichungen zu Geheimcodes in Zeugnissen.

Das BAG folgte der Argumentation des Arbneitnehmers jedoch nicht. Grundsätzlich komme es darauf an, wie ein unbefangener Zeugnisleser die Formulierung objektiv verstehe. Hierbei sei auch der übrige Zeugnistext in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen. Da der Arbeitgeber durch die anderen Zeugnisformulierungen ein insgesamt gutes Zeugnis ausgestellt habe, bringe die oben zitierte Formulierung zum Ausdruck, dass der Arbeitnehmer aufgrund seines großen Interesses und seiner hohen Motivation stets sehr leistungsbereit gewesen sei.

Fazit: Die Entscheidung des BAG macht deutlich, dass man bei der Bewertung eines Arbeitszeugnisses einzelne Formulierungen nicht isoliert bewerten darf. Maßgeblich ist vielmehr das Verständnis eines objektiven Zeugnislesers unter Berücksichtigung des gesamten Zeugnistextes. Es empfiehlt sich daher bei der Überprüfung des Inhalts von Arbeitszeugnissen und deren Bewertung fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Autor: RA Markus Achenbach

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