Welche Fragen dürfen einem Bewerber gestellt werden?
Schon immer gab es Auseinandersetzungen darüber, welche Fragen ein künftiger Arbeitgeber einem Bewerber stellen darf. Ebenso wurde viel darüber diskutiert, auf welche Fragen ein Bewerber bewusst falsch antworten darf. Das ist immer dann der Fall, wenn die Frage unzulässig ist. Der Arbeitgeber kann dann, wenn er später von der Lüge erfährt, hieraus keine Konsequenzen ziehen und den Arbeitsvertrag weder anfechten noch kündigen.
Neue Brisanz hat das Thema durch das Inkrafttreten der AGG (auch als Antidiskriminierungsgesetz bekannt) erlangt, weil die Ablehnung eines Bewerbers aufgrund der Antwort auf eine unzulässige Frage jetzt zusätzlich auch Schadensersatzansprüche auslösen kann. Nachfolgend werden einige der häufigsten Fragen beantwortet.
Alkohol- und Drogenkonsum
Die Frage nach Trink- und Drogenkonsumgewohnheiten war und bleibt unzulässig. Zulässig dagegen bleibt die Frage nach entsprechenden Abhängigkeiten. Dies jedenfalls für gefährliche und sicherheitsempfindliche Aufgaben (z.B. Kraftfahrer, Gerüstbauer, Maschinenführer, Pilot etc.). Nach Inkrafttreten des AGG kann die Frage ansonsten problematisch sein, da die Abhängigkeit inzwischen als Behinderung angesehen wird, was bedeutet, dass Fragen als diskriminierend angesehen werden können.
Krankheiten
Schon bisher gilt, dass nach Krankheiten nur sehr begrenzt gefragt werden darf, nämlich nur dann, wenn z.B. bei einer ansteckenden Krankheit andere Mitarbeiter oder Kunden geschützt werden müssen. Dies gilt auch für die Frage nach einer HIV-Infektion. Die Frage nach einer HIV-Erkrankung ist und bleibt dagegen zulässig, da diese negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit haben kann. Das AGG bringt insoweit neue Gesichtspunkte, als jeweils besonders geprüft werden muss, inwieweit nicht nur eine Krankheit, sondern schon eine Behinderung vorliegt. Behinderte Personen genießen nach dem AGG einen größeren Schutz.
Homosexualität
Schon bisher fehlte ein berechtigtes Interesse, hiernach zu fragen. Nach dem AGG gilt dies erst recht, da die Anknüpfung an das Merkmal der sexuellen Orientierung benachteiligend ist.
Gewerkschaftszugehörigkeit/Parteizugehörigkeit/Religionszugehörigkeit
Schon bisher waren entsprechende Fragen unzulässig, es sei denn, es handelte sich um eine Stelle in einem Tendenzbetrieb (politische Partei, Gewerkschaft, kirchliche Einrichtung). Hierbei bleibt es. Allerdings wird das Fragerecht durch das AGG auch insoweit eher eingeschränkt. Man wird bei der Bewerbung auf eine Stelle bei einer politischen Partei nur die Frage nach Zugehörigkeit zu einer solchen politischen Partei zulassen können. Die Zugehörigkeit zu Splittergruppen (z.B. Schwulenpartei) muss nicht offenbart werden.
Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis
Bisher war es zulässig, danach zu fragen, woher der Bewerber kommt. Unter Geltung des AGG ist dies problematisch, da wegen ethnischer Herkunft und Rasse nicht diskriminiert werden darf. Allerdings wird man Fragen insoweit zulassen können, wie der Arbeitgeber Gewissheit darüber benötigt, ob er den Arbeitnehmer legal beschäftigen würde. Man wird daher zumindest fragen dürfen, ob der Bewerber aus einem EU-Staat stammt oder dem sonstigen Ausland.
Berufliche Verfügbarkeit
Fragen danach (Einsatzmöglichkeiten regional, national, international) sind und bleiben zulässig, selbst wenn z.B. ein Elternteil dann offenbaren muss, dass wegen Kinderbetreuung nur beschränkte Möglichkeiten bestehen.
Raucher/Nichtraucher
Fragen hiernach sind und bleiben unzulässig, es sei denn, ein Raucher wäre für die spezielle Tätigkeit (Herstellung von Mikrochips etc.) nicht geeignet. Ob es bei Inkrafttreten von Rauchverbotszonen (in Gaststätten, öffentlichen Gebäuden etc) hierbei bleibt, wird abzuwarten sein.
Persönliche Lebensverhältnisse
In welchem Familienstand ein Bewerber lebt, konnte bisher gefragt werden. Dies wird nicht mehr möglich sein, da hierdurch die sexuelle Orientierung offenbart werden müsste. Unzulässig war und ist die Frage, ob man heiraten und eventuell Kinder bekommen möchte.
Schwangerschaft
Sowohl bei befristeten (nach der Rechtsprechung des EUGH) als auch bei unbefristeten (nach dem BAG) Arbeitsverhältnissen war und ist die Frage nach einer Schwangerschaft unzulässig; dies gilt nach Inkrafttreten des AGG besonders.
Schwerbehinderung/Behinderung
Bisher war die Frage nach einer Behinderung, die keine Schwerbehinderung ist, zulässig, die Frage nach einer Schwerbehinderung dagegen nicht. Diese Differenzierung wird nicht mehr möglich sein, da das AGG ausdrücklich auch eine „normale“ Behinderung unter Schutz stellt.
Lohnpfändung/Vorstrafen/Strafverfahren
Nur bei Stellen, die eine besondere Zuverlässigkeit des Bewerbers beim Umgang mit Geld erfordern, bestand und besteht ein berechtigtes Interesse, nachzufragen.
Wettbewerbsverbote/früheres Einkommen
Nach Wettbewerbsverboten darf gefragt werden, nach dem früheren Einkommen nicht. An beidem ändert das AGG nichts.
Autor: RA Robert Erdrich

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